Über die Kreativität der Realität: Kognition als Schnittstelle zwischen Mensch, Umwelt und Zukunft.

Markus F. Peschl
In diesem Vortrag gehen wir der Frage auf den Grund, wie neues Wissen und Innovation entstehen, oder allgemein, wie das Neue in die Welt kommt.
Wir werden uns die Grundlagen und Perspektiven auf Kreativität, Erzeugung neuen Wissens und Innovation genauer ansehen. Diese werden als sozio-epistemische Prozesse verstanden, die sich in der Interaktion zwischen einem (oder mehreren) kognitiven System(en) und seiner (materiellen) Umwelt entfalten und (neue) Artefakte hervorbringen. Darüber hinaus werden wir diskutieren, was es bedeutet, neues und nachhaltiges Wissen/Innovationen in zukunftsorientierter Weise hervorzubringen, und welche (Umwelt)Faktoren und Bedingungen solche Prozesse unterstützen (sog. "Enabling Spaces").
Neuere kognitionswissenschaftliche Ansätze (z.B. das sog. 4E oder enaktivistische Paradigma) legen nahe, das klassische Verständnis von Kreativität und Wissensgenerierung auf den Kopf zu stellen: Kreativität findet nicht mehr (nur) in unseren Gehirnen statt, sondern entsteht in der aktiven Auseinandersetzung mit der Welt, in einem Prozess des “sense-making”, der Hervorbringung und Co-Creation der Welt, indem sich entfaltende Potentiale in der Umwelt nutzbar gemacht werden und man “von der Zukunft her lernt”. “Creative Agency” verlagert sich—zumindest teilweise—vom Kopf/Geist des/r Schaffenden in die Welt, die zur Quelle des Neuen mutiert. 
Dies hat weitreichende Konsequenzen nicht nur für unser Verständnis von Kreativität und Innovation, sondern auch für unsere epistemischen Haltungen/Mindsets und die kognitiven Fähigkeiten, die für solche Prozesse notwendig sind.

Markus F. Peschl ist Professor für Kognitionswissenschaft, Innovation und Wissenschaftstheorie an der Universität Wien, Institut für Philosophie/Vienna Cognitive Science Hub. Zu seinen Forschungs- und Fachgebieten gehören Innovation und alternative Ansätze zu Kreativität, Cognitive Science (4E/enactive cognition), Organisationstheorie und Strategie, Design und Räume für Wissens- und Innovationsarbeit. Im Bereich der radikalen Innovation hat er die Konzepte der "Emergent Innovation" und der "Enabling Spaces" entwickelt.
Er ist Leiter der Forschungsgruppe OCKO - Organizing Cognition in Knowing Organizations. Er hat mehrere Gastprofessuren inne (Berlin, Bratislava, etc.) und wurde mehrfach für seine innovativen Lehr-/Lernansätze ausgezeichnet. Er hat 6 Bücher und mehr als 150 Beiträge in internationalen Zeitschriften und Sammlungen veröffentlicht.